Der Klang der Stille - Jugendfreizeit des Bezirks Leipzig

Am 10. und 11. November erlebten rund 50 Jugendliche die stillste Jugendfreizeit des Jahres. Die Organisatoren um Nadine, Pia, Lukas und Sebastian hatten in Beuna und Merseburg unter dem Motto „sound of silence“ ganz besondere Tage der Begegnung vorbereitet.

„Schließt die Augen und kommt langsam runter.“ Es ist eine einfache Aufforderung, aber in Wirklichkeit eine ziemliche Herausforderung. Das immerzu greifbare Smartphone, das Autoradio und der Stress von Schule, Ausbildung und Job sind noch so nah. Wir sitzen im Kreis und ein jeder versucht auf seine Weise, sich der Stille anzunähern. Was uns hilft sind die sanften Klänge im Hintergrund – der Song, „Sound of silence“ (Klang der Stille) und Nadines Worte, die ein besonderes Gebet spricht.

Während unsere Augen noch geschlossen sind, wird uns ein kleines Säckchen in die Hände gelegt. Darin befinden sich Perlen, aber auch ein Gegenstand, der nicht so richtig dazu passen will. Nur einigen gelingt es zu erfühlen, dass es ein kleines Holzkreuz ist – das Symbol unseres Glaubens. Es ist in diesem Moment wie mit unserer immer neuen Suche nach Gott: Wenn wir uns in der Stille ganz auf ihn konzentrieren, können wir ihn entdecken.

Stille – das seltene Gut

Danach übernehmen unsere beiden Gäste: Bezirksapostel i.R. Wilfried Klinger, der aus Hannover angereist ist und Priester Andreas Marz aus Gera, die jeweils einen Gesprächskreis leiten. Wilfried Klingler erzählt beispielsweise davon, wie er einmal auf den See Genezareth hinaus gefahren ist. Mitten auf dem See stellte der Kapitän des Ausflugschiffes die Maschinen ab und ermutigte die Passagiere, sich einmal ganz bewusst dieser Stille des Sees hinzugeben – so wie es Jesus Christus 2000 Jahre zuvor erlebt hatte.

Auf der Empore der zur Kulturkirche umgebauten Hoppenhauptkirche in Beuna sitzen wir zwischen Bücherregalen und gehen der Frage nach, was Stille überhaupt ist. Die Abwesenheit von Geräuschen, sagt Andreas Marz. Und das kommt in unserem Alltag so gut wie nie vor. Entscheidend ist also, darauf zu achten, welche Geräusche wir zulassen.

Während die einen danach das Mittagessen kochen, basteln die anderen aus den Perlen und dem Holzkreuz Armbänder, die bald die ganze Gruppe zieren. Der Nachmittag vergeht mit der zweiten Runde der Gesprächskreise, mit viel Musik und bei Gesprächen am wohlig knisternden Kamin.

Fürbitten in der Dunkelheit

Am Abend steigen wir in das Gewölbe des tiefen Kellers in Merseburg hinab. Im Schein der Kerzen haben wir uns zur Abendandacht versammelt. Schon während wir noch unsere Plätze in dem dunklen Gemäuer einnehmen, dringen die ersten zarten Klänge eines weltberühmten Kanons an unser Ohr, „Dona nobis pacem“ (Gib uns Frieden). Danach wird es still. Jeder Teilnehmer hat ein Teelicht in der Hand. Nacheinander treten wir damit zu einer großen Kerze, an der wir unser kleines Licht entzünden. Viele nutzen diesen Moment, um persönliche Bitten zu äußern, oder Dankbarkeit auszudrücken. Manche sprechen ein paar Worte, Andere tun das ganz in der Stille. „Die Fürbitten waren beeindruckend, wir waren so eine enge Gemeinschaft in diesem Moment, weil wir einander unsere Herzen geöffnet haben“, sagt eine Teilnehmerin.  

In eindringlichen Worten erzählt Sebastian danach die Geschichte vom letzten Abendmahl, das Jesus mit seinen Jüngern einnahm, während wir uns gegenseitig Brot und Wein reichen. Wilfried Klingler spricht zum Abschluss der Andacht einen Segen.

Gott suchen – und finden

In den Sonntag starten wir mit einer Morgenandacht. Es dauert eine Weile bis es die letzten vom Hotel zur Hoppenhauptkirche geschafft haben und wir beginnen können. Aber das macht überhaupt nichts. Wir vertreiben uns die Zeit mit Gesang. Tina, Tobias, Anne, Antje, Rebecca, Senta, Steffi und Tabea geben an diesem Wochenende alles für viele tolle Töne. 

Am Nachmittag feiern wir unseren Gottesdienst in der Merseburger Stadtkirche St. Maximi. Nicht zuletzt wegen der Akustik in dieser rund 800-Jahre alten Kirche erleben wir Gott auf ganz besondere Weise.

Bezirksältester Thomas Cramer predigt auf der Grundlage eines Wortes aus 5. Mose 4,29:

„Wenn du aber dort den Herrn, deinen Gott, suchen wirst, so wirst du ihn finden, wenn du ihn von ganzem Herzen und von ganzer Seele suchen wirst.“

Es geht nicht nur darum, dass wir Gott finden, sagt der Älteste. „Wir müssen auch zulassen, dass Gott uns finden kann.“ Er zeigt uns Wege im Leben und öffnet Türen. „Aber über die Schwelle musst du selber gehen.“ Auch Priester Frank Brandt steht an diesem Nachmittag am Altar. Er spricht vom göttlichen „W-Lan“ das immer in der Luft ist, aber passwortgeschützt. Zum Glück aber nicht mit einem geheimen Passwort. Es heißt „Liebe zu Jesus Christus“.

Ein besonderer Moment ist auch der Poetry Slam, der von Tabea und Sarah vorgetragen wird und uns daran erinnert, dass auch Enttäuschungen uns näher zu Gott führen, weil sie das Ende von Täuschungen sind.

„Sich bewusst Momente der Stille schaffen, gerade vor dem Gebet, damit man konzentriert ist und ganz bei sich, bevor man mit Gott spricht“, fasst eine Jugendliche ihren Aha-Effekt des Wochenendes zusammen. „Ich dachte immer Stille ist schlimm und erschlägt mich. Aber wenn ich Gott ins Boot hole, dann ist Stille gar nicht unerträglich, sondern wunderschön“, sagte eine andere. Und das ist dann vielleicht auch der einzige Haken an diesem Wochenende: Gerade als wir wieder gelernt haben, wie Stille klingt, ist bereits der Moment des Abschieds gekommen.