Der winzige IJT - Jugendsonntag in Mücheln

T-Shirts, Turnbeutel und Schlüsselanhänger als Altarschmuck? Ein Redebeitrag einer Glaubensschwester vor dem Heiligen Abendmahl? Und eine Filmpremiere direkt im Anschluss an den Gottesdienst? Was war denn da in Mücheln los?

Jugendchor während des Gottesdienstes

Jugendchor während des Gottesdienstes

Um den Internationalen Jugendtag zu ermöglichen, haben viele Menschen sehr viel Zeit und die Kirche Millionen von Euro aufbringen müssen: jahrelange Vorbereitungen für vier viel zu schnell vergehende Tage. Aber wie geht es dann weiter? Wie kann man verhindern, dass die Inhalte und der Geist des Jugendtags im Alltag wieder verpuffen?

Ein erster Schritt für Nachhaltigkeit ist, so viel wie möglich von eben diesem Geist zu konservieren. Deswegen plante unser Bezirksjugendleiter Rainer Lippold bereits zwei Wochen „n. IJT.“ Einen Jugendgottesdienst zur Nachbereitung. 

Eine liebenswerte Gemeinde

Nach dieser riesigen Veranstaltung hätte der Kontrast nicht größer sein können: vom Stadion in die kleine, sympathische Kirche der Gemeinde Mücheln. Die fleißigen Helfer der sachsen-anhaltischen Gemeinde mussten schnell feststellen, dass alle Bänke im Saal und auf der Empore nicht ausreichen würden und stockten mit weiteren Stuhlreihen auf. Letztendlich überließen sogar einige Helfer ihre Sitzplätze den jugendlichen Besuchern und erlebten den Vormittag teilweise stehend.

Doch noch größer als die Anzahl der Glaubensgeschwister waren die Erwartungen an diesen Gottesdienst zur Nachbereitung:  Eine echte Herausforderung für unsere Jugendbetreuer und Amtsträger!

Bereits vor dem Gottesdienst gab es einen besonderen Blickfang: der Altar war mit Erinnerungsstücken des IJTs geschmückt. Unter anderem einem Rahmen mit den Worten „HIER BIN ICH … auch wenn du auf der grünen Route bist“, der mit einem grünen Teilnehmerarmband verziert worden war.

Das (ewige) Leben genießen

Das Textwort „Denn wir haben hier keine bleibende Stadt, sondern die zukünftige suchen wir“ war dank eines Projektors die ganze Zeit an der Wand zu sehen. Unser Bezirksevangelist Rainer Lippold bemerkte gleich, dass man uns Jugendlichen die IJT-Freude nicht nur an unseren blauen T-Shirts ansah, sondern vor allem an unseren strahlenden, freudigen Gesichtern. Doch erinnerte er uns nicht nur an die Nächstenliebe, die der Stammapostel zum IJT in den Mittelpunkt gestellt hatte, sondern auch an eine wichtige Botschaft des Nordostdeutschen Jugendtags 2018:
Wir sollen uns zwar nach unserem großen Ziel ausstrecken, aber Gott möchte auch, dass wir das von ihm geschenkte Leben jetzt schon genießen. Es war wirklich bewegend, zu bemerken, dass diese Botschaft auch von den Amtsträgern nicht vergessen wurde und in uns wieder mal bestärkt werden konnte.

Dabei sollten wir aber im Alltag nicht vergessen: Wie schön das Leben auch manchmal sein möge, die Erfolge und Schätze würden vergehen. In Gottes Reich hingegen erwarte uns das ewige Leben, in dem wir nie mehr leiden müssen und unvergleichliche Schönheit erleben dürfen. Um aber dorthin zu gelangen, müssen wir diese bleibende Stadt bereits jetzt suchen und Gott auch heute schon in allem Tun in unsere Mitte stellen.

Das heiße auch, dass wir ihm all unsere Wünsche mitteilen dürfen. Wichtig dabei sei vor allem die Geduld, wie unser Bezirksevangelist aus eigener Erfahrung berichtete: „Mancher Wunsch, den ich mal geäußert habe, den hatte ich schon wieder vergessen, weil nichts daraus geworden war. Und dann hat er sich doch noch erfüllt. Es ist erstaunlich, dass der Herr nichts vergisst.“ Dass sich manches nicht erfülle oder eben erst später, auch das alles sei Arbeit an unserer unsterblichen Seele. 

Der etwas andere Gottesdienst

Auf das Abendmahl wurden wir besonders emotional mit David Ostermanns Sologesang zu „I have a home“ vorbereitet. Gemeinsam summten wir den Refrain, was uns wieder nach Düsseldorf katapultierte: Dieses Summen fühlte sich an wie eine wunderschöne Mischung aus der überwältigenden Geräuschkulisse des Stadions und den stillen, leisen, gefühlvollen Momenten des IJTs. Als hätte man den mannigfaltigen Gefühlen und der Anspannung in Hinblick auf die Zukunft musikalisch Gehör verliehen.

Bevor es dann aber für alle die Sündenvergebung gab, war eine Person besonders angespannt und zwar in Bezug auf die unmittelbare Zukunft: Ich. Mir wurde die angsteinflößende Ehre zuteil, einen eigenen Textbeitrag – man kann es auch Poetry Slam nennen – mit der Gemeinde teilen zu dürfen.

In „IJT – und dann?“ trete ich ins Zwiegespräch mit meinem Zukunfts-Ich aus dem Jahr 2049, um zu erfahren, ob es uns gelungen sei, den Geist des IJTs zu bewahren. Klingt zunächst etwas seltsam, doch die inhaltlichen Aussagen waren alles andere als abwegig: Der Alltag sorgt immer wieder dafür, dass anfängliche Euphorie und der Stellenwert der Erinnerungsstücke und wichtigen Botschaften verblassen. Doch was bleibt, wenn wir sie immer wieder suchen, ist unsere Gemeinschaft – in Freude wie auch in Leid.  

Mehr als nur ein Film

Nach dem Gottesdienst bildete der Film „Der schmale Pfad“ der Jugendgruppe Borna einen besonderen Höhepunkt. So viel Arbeit und Herzblut war in dieses Projekt geflossen und endlich konnte die wunderschöne Geschichte über die 15-jährige Emily störungsfrei Premiere feiern (mehr dazu im Herbst 2019 im Jugend-Magazin „Spirit“).

Dieser Film erfreute uns nicht nur mit einem Ohrwurm-Soundtrack und Momenten zum Lachen, sondern berührte besonders unsere Herzen, sodass untereinander Taschentücher ausgetauscht werden mussten. Emilys Situation ist nämlich kein Einzelfall: das weltliche Überangebot an attraktiven Möglichkeiten, während sie in der Kirche keine richtige Jugendgruppe hat. Besonders fühlt man aber auch mit der Rolle der Mutter mit. Die Sorge, dass ein geliebter Mensch vom Weg abkommen könnte, und die eigene Machtlosigkeit haben wir wohl alle schon einmal empfunden. Doch möchte ich an dieser Stelle nicht spoilern. Schließlich wollt ihr den Film vielleicht in eurer nächsten Jugendstunde anschauen und besprechen. Er bietet wirklich eine ideale Grundlage für einen Austausch in der Gemeinde und das nicht nur für die Jugend.

Erst im Schreibprozess merke ich, dass die Worte aus der Predigt bereits wie ein Teaser für den Film verstanden werden könnten: Emily will das Leben mit ihren atheistischen Freunden genießen, obwohl eigentlich immer ihr Glauben an erster Stelle stehen sollte. So hat auch hier Gott wieder alles perfekt zusammengefügt.  

Mission erfüllt

Auch beim Brunch hörte das IJT-Gefühl nicht aus: tolle Gespräche, das Teilen von Glaubenserlebnissen und vor allem die Nächstenliebe in unserer Gemeinschaft rundeten diesen Tag perfekt ab. Es war einfach wie ein winziger IJT mit riesigen Gefühlen!

Gern möchte ich so vermessen sein und diesen Beitrag mit einem Zitat von mir selbst beenden. Einfach, weil diese Aussage von jedem von uns stammen könnte und weil ich uns alle – auch diejenigen, die gern dabei gewesen wären, aber nicht konnten – dazu aufrufen möchte:

„Gott hat uns diese Gemeinschaft geschenkt.
Also lasst uns gemeinsam danken
Und stets die Gemeinschaft suchen.

Wie auf dem IJT, so heute und auch für immer.

IJT – und dann?
Wir haben einander,
also los, fangen wir an!
Seid ihr dabei?“